Chronik Franz-Franz-Xaver Schweiger

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"Ab jetzt hatte der Zufall seine Hand im Spiel" meint Enkelin Dagmar. Amalies Bruder Alex Krackenberger - ebenfalls zur Wehrmacht eingezogen - lag schwer verwundet im Lazarett. Dort freundete er sich mit einem ebenfalls verletzten Bayer an, erzählte von zuhause, von der verwaisten Bäckerei seiner Schwester und deren Tochter Martha. Franz-Franz-Xaver Schweiger stammt aus Rottenbuch, einer kleinen Gemeinde im oberbayrischen Ammertal. Dort war er am 31.Mai.1924 auf die Welt gekommen. Mit seinen knapp 20 Jahren fast genau 2 Jahre jünger als die Nichte seine Lazarettkameraden. Bald begannen Franz-Franz-Xaver und Martha einen Briefwechsel, wurden miteinander vertraut. Nach Entlassung aus russischer Kriegsgefangenschaft, fuhr Franz-Franz-Xaver Schweiger deshalb umgehend zu seiner Martha nach Rambach. Kurz danach, am 17.11.1945 wurde geheiratet. Welch glückliche Fügung! Franz-Franz-Xaver war ausgebildeter Bäcker und Konditor. Bis zur Wiedereröffnung des weiterhin geschlossenen Betriebes lag allerdings noch ein steiniger Weg vor ihnen. Betriebsgenehmigungen erteilte nur die amerikanische Besatzungsmacht. Durch diese teilte ebenfalls die zum Backen benötigten Rohstoffe zu. Bis alle Papiere beschafft waren, musste sich Familie Schweiger/Anton in Geduld fassen. Währenddessen wollte Franz-Franz-Xaver Schweiger sich und seine Familie - die inzwischen um die 1947 geborene Tochter Annerose und den 1948 geborenen Sohn Helmut angewachsen war - ernähren. Er nahm verschiedene Jobs an, arbeitete u.a. bei den Amerikanern und beim Bäcker Abt in Sonnenberg.

Endlich war es dann so weit! 1948 öffnete die "Bäckerei & Konditorei F.-X. Schweiger". Eine Meisterprüfung hat Franz-Franz-Xaver Schweiger zwar nie abgelegt. "Denn während der Prüfung erlitt er einen schweren Unfall" wie Tochter Dagmar erzählt und danach wollte er das Ganze nicht noch einmal angehen. Die Rambacher mochten die Bäckerei Schweiger trotzdem, hatte sie doch - wie schon Schwiegervater Anton - ein größeres Sortiment als die vorhandenen Betriebe. Zum Beispiel bot sie außer Torten als Spezialität bayrische Salzstangen an. Mit seinem fundierten Konditoren Wissen half Schweiger später auch Kurt Gilles, indem sie zusammen für die Prüfung übten. Der gesamte Betrieb erstreckte sich über Erdgeschoß und Anbau. Die Familie selbst lebte im ersten Stock und dem dürftig ausgebauten Dachgeschoß. Genau wie Schwiegervater Emil Robert Anton verkaufte Franz-Xaver Schweiger auch selbst hergestelltes Eis. Tochter Dagmar weiß noch "Irgendwann wurden die beiden Keller so aufgeteilt, dass der bisherige Eis-Keller nun von meiner Tante Edith Hoffmann genutzt wurde. Papa musste dann immer zum Eis-Rühren runterlaufen, denn unser Keller lag nun auf der anderen Seite des Hauses. Und deshalb stellte er die Eisproduktion auch bald danach ein. Meine Schwester kann sich aber noch an das gute Erdbeereis erinnern. Ich kam leider nicht mehr in den Genuss". In dieser Zeit ließ Franz-Xaver Schweiger auch einen neuen Dampfbackofen einbauen. Bei den nötigen Umbauarbeiten hierfür entdeckte man", so erzählt Dagmar Kiontke "im Gemäuer eine Jahreszahl, die auf eine Erbauung von vor 300 Jahren schließen ließ". Dies deckt sich mit den bisherigen Forschungs- ergebnissen. Dass bei Begehung der Kitzelbergstraße die Nr. 7 als nicht so alt erkannt wurde, da das Haus mit Platten verkleidet und moderne Fenster eingebaut waren und dass sich keiner das Haus von innen angesehen hat.

Einmal - während früherer Bauarbeiten am Anbau, in dem sich die Backstube befand - stießen die Arbeiter beim Ausschachten sogar auf ein Skelett. Dessen Alter wurde leider nicht untersucht. Die Rambacher vermuteten in ihm ein Soldat aus einem zurückliegenden Krieg. Alles Spekulation. Der Schädel gelangte jedenfalls zum Sonnenberger Arzt und Homöopathen Dr. Witzel und "zierte" dort viele Jahre dessen Schreibtisch.

Spuren hinterlassen hatte auch Schweigers Kriegsverletzung. Nicht nur dass er zeit seines Lebens etwas hinkte, das beruflich bedingte viele Stehen belastete ihn zunehmend. 1964 gab er seinen Betrieb auf, suchte sich eine mehr sitzende Tätigkeit. Die Räume der ehemaligen Backstube konnte die Familie nun gut gebrauchen. Spätestens seit der Geburt von Enkelin Dagmar 1962 war es im kleinen Haus ziemlich eng geworden.

Dagmar Kiontke erinnert sich: "Dass wir in dem kleinen Haus zum Schluss (mit dem nach dem Krieg notdürftig ausgebautem Speicher) mit 11! Personen lebten - unglaublich - Oma mit ihren beiden Töchtern und je einen Mann sowie drei Kindern. Wobei das Erdgeschoß samt Anbau fast nur Bäckerei war. Nur ein kleines Zimmer, ein Mini-Zimmer und eine kleine Küche bildeten die Wohnung Schweiger. Die Oma hatte ein kleines Zimmer bei ihrer anderen Tochter im 1.OG, wo nach meiner Geburt auch meine ältere Schwester schlafen musste. Ein Bad hatten wir nicht, die Toiletten waren im Hof. Erst als wir über die Räume der Bäckerei verfügen konnten, bekamen wir eine Toilette im Haus. Das Bad sowie ein größerer Umbau folgten erst in den 70er Jahren"

Seinerzeit ist es wohl auch mit Eternitplatten verkleidet worden. Inzwischen sind noch moderne Fenster hinzugekommen. Vom wahren Alter ist auf den ersten Blick nichts zu erkennen. 2004 entdeckt der renommierte Bauhistoriker Hans-Hermann Reck das nahestehende Gebäude Kitzelbergstraße 4-5. Mittels einer wissenschaftlichen Untersuchung des alten Bauholzes lässt sich die Entstehung auf 1578 datieren. So alt ist der alte "Gemaa Bagges" dann doch nicht.

Aus einer einigermaßen isolierten Backstube dringt wenig Geräusch nach außen. Ein idealer Treffpunkt - fanden die Mitglieder der Rambacher Kapelle "Swing Stars" - um an diesem fast immer warmen Plätzchen Musikstücke einzuüben. Diese Stunden hinterließen jedoch so manches mal Spuren. Im Dorf hießen sie deshalb bald nur noch "Kapelle Mehlstaub".