Die "Dicke Eiche"

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Seit 400 Jahren steht eine mächtige Eiche vor dem Haus von Thomas und Silke Wlochowitz in Wiesbaden-Rambach. Nein, mit dem Baum sprechen sie nicht,
aber sie hängen an ihm: "Er gehört einfach zu uns", sagen Thomas und Silke Wlochowitz aus Rambach. Sie leben seit 2010 mit der "Dicken Eiche" zusammen,
da sind sie aus dem Bergkirchenviertel ins Haus der Eltern von Thomas Wlochowitz hoch oben in der Wellbornstraße gezogen, die das ehemalige
Forsthaus 1964 gekauft hatten. Und schon damals wurde die "Dicke Eiche", wie sie in Rambach genannt wird, ihrem Namen gerecht. Sie hat einen
gewaltigen Umfang von über fünf Metern. Dicke Wulste und Beulen am Stamm: "Wow!", ruft mancher aus, der zum ersten Mal vor ihr steht, andere sind
einfach sprachlos, werden von Ehrfurcht übermannt. Was für ein Baum! Dicke Wulste und Beulen am mächtigen Stamm mit steinharter, reliefartiger Rinde,
weit auslaufende, bemooste Wurzeln, knorrige, teils waagerecht gewachsene Äste mit üppigem Laub - und als größte Überraschung beim Herumgehen:
Der Baum ist hohl, vom Fuß bis in die Krone. Ein Pilz sei herausgeschnitten worden, vor mindestens 30 Jahren, sagt Thomas Wlochowitz, mit
Stahlgewindebolzen in Innern wurde die Eiche stabilisiert - ein skurriler Anblick, diese baumchirurgische Maßnahme. Gurte hoch oben in der Krone
und Eisenträger stützen den Baum - schließlich ist er etwa 400 Jahre alt, vielleicht gar 600. Genaues weiß man nicht, aber Gabriele Glessmann hat
in alten Akten entdeckt, dass schon zur Zeit des 30-jährigen Kriegs 1618-1648 in der Gemarkung "Runde Pfuhl" ein Eichenwald bestand und die "Dicke
Eiche" dort wohl genau zwischen Herrschaftswald und Gemeindeland stand. Der 2018 gestorbene, beliebte Heimatforscher Heinz Steinle hat festgehalten,
dass 1887 und später dort Turnfeste gefeiert wurden, mit Musikkapellen, die auf einem Holzpodest auf den Ästen der Eiche aufspielten. Und auch die
Giggelskerb fand rund um die "Dicke Eiche" statt.
Illustre Gäste sollen im Schatten des Baums gerastet haben: Herzog Adolph von Nassau, nachdem er im Rambacher Wald seinen ersten Hirsch erlegt hatte -
und Kaiserin Sissi bei ihren Wanderungen zum Kellerskopf. Wandervögel und Spaziergänger bleiben auch heute stehen und bewundern das Naturdenkmal,
aufmerksam beobachtet vom Haushund, im Ort "Oskar von der Dicken Eiche" genannt.
Viel Arbeit gibt's im Herbst, "da wollen jede Menge Laub und Eicheln beseitigt werden", sagt Silke Wlochowitz lachend. Mulmig wird es dem Ehepaar
bei Unwettern, ihr "Knusperhäuschen" steht direkt an der 2Dicken Eiche". Im August 2017, als Sturmtief Erik wütete, standen sie die ganze Nacht mit bangen
Gefühlen am Fenster. Am Morgen fanden sie ihr Auto begraben unter einer Tanne aus dem angrenzenden Wald, Totalschaden. Ihre "Dicke Eiche" aber war
standhaft geblieben fest verwurzelt in der Rambacher Erde.

Text: Elke Baade